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Zoologische Lehrsammlung

Präparat eines Rinderbandwurms

Präparat eines Rinderbandwurms des Menschen (Taenia saginata Goeze, 1782) aus der Zoologischen Lehrsammlung des Instituts für Biologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Herstellung des Nasspräparats gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der Wurm ist mit 29 Windungen um eine schwarze Glasplatte gelegt. Er besteht aus ca. 600 Gliedern und ist ungefähr 6 m lang, oben in der Mitte ist der stecknadelgroße Kopf mit den Saugnäpfen zu sehen.

Biologie
Der bis zu 10 m zwittrige lange Rinderbandwurm lebt im Darm des Menschen (Endwirt) und kann 25 Jahre alt werden. Die Glieder werden hinter dem Kopf gebildet und sind erst männlich, später weiblich. Der Wurm produziert ca. 400 reife Glieder pro Monat, die vom Hinterende des Wurmes abgelöst werden und den Darm mit dem menschlichen Stuhl verlassen. Jedes Glied enthält ungefähr 100.000 Eier, das sind 12 Milliarden in 25 Jahren. Über ungeklärte Abwässer oder wilde Toiletten (Autobahnrastplätze) in der Nähe von Rinderweiden infizieren sich Kühe (Zwischenwirt) durch fressen der Eier. Im Muskelfleisch der Rinder entwickeln sich die Finnenstadien. Durch Verzehr unzureichend erhitzten Rindfleischs (z.B. Tatar) infiziert sich der Mensch. In Afrika und Asien noch häufig (Kenia 80% der Rinder befallen). Durch Fleischbeschau und Hygiene in Europa sehr selten geworden. Nur 1,5 % der Rinder sind befallen.

Lehre und Sammlung
Das Präparat ist durch Größe und Proportionen des Wurmes sehr beeindruckend und wird nach wie vor intensiv in der Lehre eingesetzt. Probleme des Parasitismus, der Ökologie, der Entwicklungsbiologie, der Evolution der Organismen und wissenschaftshistorische Aspekte können thematisiert werden (z.B. Annahme einer Urzeugung der Bandwürmer im Darm durch Carl Asmund Rudolphi (1802) und die Aufklärung des Lebenszyklus und Wirtswechsels der Bandwürmer durch zum Tode verurteilte Häftlinge (Friedrich Küchenmeister 1855). Bandwürmer (nicht unser Rinderbandwurm) wurden bereits absichtsvoll verabreicht, um Autoimmunkrankheiten und Allergien zu bekämpfen. Außerdem stellt sich die Frage, warum Lebewesen wie dieser Bandwurm bei einem derartig seltenen Vorkommen in Europa nicht in die Rote Liste aufgenommen werden. Wird da mit zweierlei Maß gemessen?

Die Wiederbeschaffung eines derartigen Präparates ist durch die Seltenheit des Bandwurms in Europa fast unmöglich. Das macht dieses Objekt sehr wertvoll.
(Gerhardt Scholtz, 8.3.2013; Anfrage von ZEIT-Campus nach interessanten Objekten)

Detailangaben

Eintragstyp Plastische Objekte
ID 53351

Verschlagwortung