Akademische Meriten ganz handfest – Die Preismedaillen der Friedrich-Wilhelms-Universität
Die hier gezeigte Preismedaille für Clara Strack wurde am 3. August 1913 verliehen. Diese Form der besonderen Auszeichnung für Studierende hatte damals bereits eine jahrzehntelange Tradition. Ab 1860 wurde jedes Jahr am 3. August eine Gedächtnisfeier für den Stifter der Universität, Friedrich Wilhelm III., an dessen Geburtstag abgehalten. Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Universität wurde eine Stiftung von 300 Talern jährlich für vier Preisaufgaben eingerichtet. Seit 1825 wurden bereits von der Theologischen, Juristischen, Medizinischen und Philosophischen Fakultät eine bzw. zwei Preisfragen gestellt, die von allen immatrikulierten Studierenden innerhalb von neun Monaten bearbeitet werden konnten. Inhaltlich waren sie mit Themen aus der Lehre verbunden, sollten aber auch „eigenes gründliches Forschen zur Lösung erfordern und so gewählt sein, daß ihre Behandlung sowohl tüchtige wissenschaftliche Bildung als Beurtheilungsgabe beurkunden kann“ (Daude 1887, S. 416). Die Arbeiten, auf Deutsch oder Latein verfasst, wurden anonym eingereicht (mit einem versiegelten Zettel, der den Namen des Verfassers bzw. der Verfasserin enthielt) und von allen Ordinarien der jeweiligen Fakultät bewertet. Bei der Gedächtnisfeier am 3. August wurden die ausgezeichneten Arbeiten namhaft gemacht, die jeweiligen Studierenden erhielten eine goldene Gedenkmünze oder 253 Mark sowie eine bronzene Fassung der Gedenkmedaille, die jeweils das Konterfei Friedrich Wilhelms III. auf dem Avers zeigt. (Vgl. Schultze 1996, S. 105-109.)
Clara Strack (1872 in Budapest geboren), Studentin der Geschichte, Germanistik und Philosophie, bearbeitete die Preisaufgabe der Philosophischen Fakultät, die im Jahre 1911 gestellt und nicht bearbeitet worden war. Die umfangreiche Aufgabenstellung lautete: „Der Ursprung und das sachliche Verhältnis von Leibnizenz sogenannter Monadologie und der Principes de la nature et de la grâce. Wünschenswert, aber nicht erforderlich, ist eine Revision der Manuskripte zu beiden Abhandlungen sowie eine auf das Wesentliche beschränkte Charakteristik ihres sachlichen Verhältnisses zu dem Discours de métaphysique und dem Système nouveau de la nature von 1695.“ Insbesondere der sorgsamen Editionsarbeit scheint sich Clara Strack in ihrer Arbeit mit dem Motto „Die Zweige, die ich in Gedanken flocht, sie haben schon ein würdig Haupt gefunden“ (ein Zitat aus Johann Wolfgang von Goethes Tasso) gewidmet zu haben. So heißt es in der Begründung der Fakultät, dass die historische Untersuchung und Textrevision „auf einem unterwartet reichen, weit verstreuten“ Korpus beruht und dass die Bearbeitung, „wie die beigelegten Materialsammlungen und die zahlreichen Manuskriptphotographien erkennen lassen, unter voller Beherrschung der historisch-diplomatischen Hilfsmittel auf das sorgsamste durchgearbeiteten Material aufgebaut“ ist. Besonders erstaunlich ist die für die weitere Forschung dabei erbrachte editorische Leistung: Clara Strack hat „die bisher völlig dunkle Geschichte der ersten Drucklegungen überraschend und in allem Wesentlichen definitiv aufgeklärt. Nicht minder sorgsam ist die minutiöse Kollation der Manuskripte für die Abhandlungen, die einen ersten zureichenden Druck ermöglicht.“ (HU UA, Phil.Fak.01, Nr. 1506, Fiche 8001, S. 7)
Tatsächlich erschien 1917 die von der inzwischen promovierten Clara Strack herausgegebene 79 Seiten starke Publikation Leibniz sogenannte Monadologie und Principes de la nature et de la grâce fondés en raison. Darin beschreibt sie in der Einleitung die von ihr vorgenommene Kollation der authentischen Manuskripte, d. h. der „eigenhändige[n] Konzepte, der von Leibniz durchgesehene[n], vielfach weiter veränderten Kopien seines Schreibers“ (Strack 1917, S. 3).
Für das Prozedere der Gravierung der Gedenkmedaille, die von dem Edelsteinschneider und Medailleur Carl Friedrich Voigt entworfen wurde, gab es einen Ministerial-Erlass vom 28. März 1825 bzw. vom 19. September 1884, der auch die Beschriftung festlegte: „N.N. Silesius (Vaterland) a facultate juridica sc. Univers. Berol. Praemio ornatus. III. Aug. MDCCC…“ (Daude 1887, S. 418). Die Medaille auf Clara Strack wurde entsprechend angepasst als Medaille für eine Preisaufgabe der Philosophischen Fakultät. Hergestellt wurde sie in der Medaillen-Münze Loos, Berlin.
Literatur:
Paul Daude: Die Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Systematische Zusammenstellung der für dieselbe bestehenden gesetzlichen, statuarischen und reglementarischen Bestimmungen, Berlin 1887, Abschnitt XVIII, S. 416-418.
Clara Strack (Hrsg.): Leibniz sogenannte Monadologie und Principes de la nature et de la grace fondés en raison, als Manuskript gedruckt, Berlin 1917.
Winfried Schultze: Bruno Bauer und die Aufgaben der Philosophischen Fakultät der Berliner Universtität für den Königlichen Preis, in: Bruno Bauer. Über die Prinzipien des Schönen. De pulchri prinicipiis. Eine Preisschrift, hrsg. von Douglas Moggach und Winfried Schultze, Berlin 1996, S. 105-109.
HU UA, Phil.Fak.01, Nr. 1506, Fiche 8001, S. 7.