Wissenschaftliche Sammlungen

Sammlungsportal

Max Landsberg, Hinterwälder Kuh, 1897

Dass einen eine lebensnah gestaltete Kuh anblickt, würde man beim Bestand einer Kunstsammlung vielleicht nicht erwarten. Die Tierplastik ist jedoch ein uraltes Thema der bildenden Kunst, das bis in die Zeit der Urmenschen zurückreicht und im 20. Jahrhundert eine enorme Veränderung erlebte. Als künstlerisches Werk, das nun zunehmend als autonom wahrgenommen wurde, war die Tierplastik nicht mehr symbo­lisch aufgeladen oder als Herrschaftszeichen markiert. Es ging nunmehr um die „Beschreibung des animalischen Wesens und der kreatürlichen Würde“ (Jürgen Fitschen: Der Zoo, die Wildnis und die Weide. Deutsche Tierplastik von August Gaul bis Joseph Beuys, Ausst.-Kat. Gerhard-Marcks-Haus, Bremen 2002, S. 5). Dabei konnten sowohl die gebändigte, beherrschte Natur – und damit auch Zuchttiere – zum Thema werden als auch die Wildheit der Tiere.

Gips, farbig gefasst, 21 x 27 cm
Gips, farbig gefasst, 21 x 27 cm

Neben der rein künstlerischen Auseinandersetzung wurde die Tierplastik zu dieser Zeit auch für den Unterricht an landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen eingesetzt, so auch an der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, die spätere Landwirtschaftliche Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität. Aus dem Fachgebiet Tierhaltungssysteme und Ethologie (ursprünglich Tierzüchtung und Haustiergenetik) stammend, sind diverse Tier­plastiken erhalten. Ausgewählte Rasse- und Zuchttiere (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Wildschweine und Pferde) wurden nach dem lebenden Modell von namhaften Künstlern wie dem Bildhauer Max Landsberg (1850-1906) und Carl August Brasch (1866-1938) gestaltet.

Auch der Autodidakt Gerhard Marcks (1889-1981), von dem einige der Tierplastiken stammen, betätigte sich seit 1907 als Tierbildhauer. Er holte sich Anregungen durch Naturstudien im Berliner Zoo und schuf auch damals beliebte Porzellanfiguren, die jedoch weniger die genaue Naturbeobachtung einfingen, sondern vereinfachte Formen wiedergeben.

Die Tierfiguren waren meist auf ein Viertel oder ein Sechstel der natürlichen Größe reduziert und wurden aus Gips mit Eisenstabeinlagen geformt. Dass sie auf einen Sockel montiert wurden, verleiht ihnen sowohl ihren Anschauungscharakter als auch ihren künstlerischen Wert. Neben der genau beobachteten Form trägt auch die aufwendige naturgetreue Farbfassung zum lebensnahen Ausdruck bei.

Gips, farbig gefasst, 21 x 27 cm
Gips, farbig gefasst, 21 x 27 cm

Autorin: Christina Kuhli, Kustodin der HU
Kunstsammlung / Kustodie der Humboldt-Universität