Wissenschaftliche Sammlungen

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Forschung

Einige Universitätssammlungen wurden ausdrücklich als Forschungssammlungen begründet und werden heute noch in der Forschung eingesetzt, andere Forschungssammlungen sind mit der Zeit aus dem Fokus ihrer Fächer gerückt und haben einen vorwiegend historischen Charakter erhalten.
Dem entsprechend lässt sich in einer ersten Annäherung zwischen Forschungen mit den Sammlungen und historisch bzw. museologisch ausgerichteten Forschungen über die Sammlungen unterscheiden.

Drei Beispiele illustrieren unterschiedliche Einbindungen von Sammlungen in die Forschung:

I. Die Karten des Moorarchivs, die ab den 1950er Jahren zur Erfassung der Nutzbarkeit von Böden in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern für die Landwirtschaft erstellt wurden, sind in den letzten Jahren als Grundlage zur Erforschung der Veränderung von Bodenprofilen genutzt worden. Dass die Karten 60 Jahre nach ihrer Entstehung für derartige langfristige Vergleiche konsultiert werden, war zum Zeitpunkt ihrer Erstellung noch nicht einmal angedacht. Auch die Klimarelevanz von Moorflächen wurde erst zirka 40 Jahre nach Begründung der Sammlung erkannt und rückte ins Interesse der Forschung. Diese Zukunftsoffenheit von Sammlungen und die Generierung neuer Forschungsperspektiven auf einen gegebenen Bestand sind wesentliche Argumente für die langfristige Bewahrung universitärer Sammlungen.

Aufzeichnungen auf einer Karte des Moorarchivs der Humboldt-Universität Foto: Jochen Hennig, CC BY-SA 4.0

Aufzeichnungen auf einer Karte des Moorarchivs der Humboldt-Universität (Foto: Jochen Hennig, CC BY-SA 4.0)

Neue Fragestellungen und der Vergleich von aktuellen Daten mit historischen Messungen erfordert die digitale Zusammenführung der Daten.

II. Die volkskundliche Fotosammlung “Hahne-Niehoff-Archiv”, zwischen 1926 und 1943 angelegt, wurde von 2013 bis 2018 im Rahmen des internationalen Verbundprojektes “FOTO-OBJEKTE. Fotografien als (Forschungs-)Objekte in Archäologie, Ethnologie und Kunstgeschichte”, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, untersucht. Der systematische Vergleich mit Beständen anderer Fächer und Institutionen wie auch die Präsentation von Ergebnissen nicht nur in Form von Publikationen, sondern auch einer online-Darstellung und einer Ausstellung waren Charakteristika dieses Projektes.
Projekt-Website

Die Materialität von Fotografien stand im Zentrum des Projekts “Foto-Objekte” (c) Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin

Die Materialität von Fotografien stand im Zentrum des Projekts “Foto-Objekte” ((c) Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin)

Neben Publikationen präsentierte das Projekt seine Ergebnisse auch in Form einer Website und einer Ausstellung.

III. Die Verschränkung von Forschung und Lehre ist ein weiteres wiederkehrendes Merkmal der Auseinandersetzung mit den Sammlungen der Humboldt-Universität. Häufig geschieht dies im Rahmen interdisziplinärer Formate, wie etwa in dem Seminar “Stimmen aus dem Lager” zu den Tonaufnahmen von russischen Kriegsgefangenen aus dem Jahr 1941 in Neubrandenburg / Fünfeichen, die sich heute im Lautarchiv der Humboldt-Universität befinden. Die Historikerin Marie-Luise Bott, die Kulturwissenschaftlerin Britta Lange und der Slawist Roland Meyer haben mit den Studierenden die Aufnahmen linguistisch als auch im Rahmen von Erzähltraditionen gedeutet. Die geplante Publikation soll die Aufnahmen erstmals in digitalisierter, transkribierter und übersetzter Form der Öffentlichkeit zugänglich machen, um sie zum Teil einer aktiven Erinnerungskultur in Neubrandenburg werden zu lassen.
Der Forschungsaspekt universitärer Sammlungen steht häufig mit ihrer Nutzung als Lehrobjekte und ihrem Wert als Teil der Erinnerungskultur in Zusammenhang.

Der Ort des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers in Neubrandenburg im Jahr 2014. Foto: Britta Lange

Der Ort des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers in Neubrandenburg im Jahr 2014. (Foto: Britta Lange)

Forschungen und Publikationen zu Beständen in Universitätssammlungen wie zum Beispiel zu Sprachaufnahmen aus Kriegsgefangenenlagern können einen Beitrag zu einer aktiven Erinnerungskultur leisten.