Heritage
Universitäre Sammlungen entstehen aus bzw. für die Forschung und Lehre, zugleich gehören sie zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe der Universität wie auch zum kulturellen Erbe der Herkunftsgesellschaften der Objekte.
Diese Aspekte sind nicht immer klar zu trennen, vielmehr überlagern sie sich häufig und sind Teil der Multiperspektivität von Sammlungen und ihren Objekten. In schleichenden Prozessen erhalten beispielsweise Lehrmodelle wie die der Zoologischen Lehrsammlung auch einen historischen Wert und geben neben ihrem aktuellen Einsatz in der Lehre auch Zeugnis ab von vergangenen Lehrmethoden. Im Fall von Diasammlungen (Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte, Sammlungen der Klassischen Archäologie, Palästinabilder, Dia-Sammlung für Ur- und Frühgeschichte) ist sinnfällig, wie durch den Medienwandel hin zur digitalen Projektion ganze Sammlungsbestände innerhalb weniger Jahre einen historischen Status erhalten haben.
Der Umgang mit kulturellem und wissenschaftlichem Erbe heißt insbesondere auch, sich dem Umgang mit Objekten problematischer Provenienz zu stellen. Dies betrifft beispielsweise Objekte, die in kolonialem Kontext aufgesammelt wurden, wie etwa im Fall anthropologischer Sammlungen, oder auch Sammlungen in Kriegsgefangenenlagern, z.B. im Fall des Lautarchivs. Die Humboldt-Universität sieht es als ihre wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe an, sich selbstkritisch mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen; dazu gehört auch die aktive Erforschung und Darstellung der Ursprungskontexte ihrer ehemaligen und aktuellen Sammlungen.
Objekte aus den Sammlungen der Humboldt-Universität stellen Zeugnisse vergangener Wissenschaftspraktiken an der Berliner Universität dar, zugleich gehören sie zum kulturellen Erbe der Herkunftsgesellschaften. Dies betrifft beispielsweise Fundteilungen von Grabungen in al-Musawwarat as-sufra, die sich in der Sudanarchäologischen Sammlung der HU befinden oder die Aufnahmen aus dem Lautarchiv, die zum Teil in Kriegsgefangenenlagern des Ersten und Zweiten Weltkriegs erstellt wurden. Je nach Einzelfall werden dabei Kooperationen mit politischen VertrterInnen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Nachkommen der SprecherInnen angestrebt, um die Aufnahmen in ihrer Mehrdimensionalität zu erschließen und um adäquate Nutzungen und Präsentationen zu realisieren.
An der Humboldt-Universität (mit-)entwickelte Konzepte der “sensiblen Sammlungen” (Britta Lange u.a.) und des “difficult Heritage” (Sharon Macdonald) verfolgen dezidiert das Ziel, theoretische Grundlagen für den Umgang mit kulturellem Erbe in Sammlungen zu schaffen.
Dieses Sammlungsportal setzt sich zum Ziel, durch seinen Charakter als öffentliche Präsentation der Sammlungen und durch die Form der Darstellungen einen Beitrag dazu zu leisten, Sammlungsobjekte sowohl als Forschungs- und Lehrinfrastrukturen wie auch als wissenschaftlich-kulturelles Erbe verfügbar zu machen. Dabei wird es als fortlaufender Prozess angesehen, Umgangsformen zu finden, die dem Aspekt des kulturellen Erbes gerecht werden.
Diesbezügliche Kooperationen bestehen beispielsweise mit dem Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage (CARMAH) der Humboldt-Universität, mit der Abteilung Perspektiven auf Natur (PAN) des Berliner Museums für Naturkunde und dem Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité.